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DLF LICHTSCHULE: TEIL 3 LICHTGESTALTUNG

In diesem Artikel der DIE LICHTFÄNGER Lichtschule schauen wir uns jetzt die Lichtgestaltung und den kreativen Einsatz von Licht an. In Teil 1 haben wir ja das Licht analysiert und in Teil 2 haben wir dann Licht  selbst mehr gesetzt. In diesem Teil möchte ich euch ein paar Tipps zur konkreten Lichtgestaltung geben und wie ihr auch mal Licht unkonventionell einsetzen könnt.  

Inhaltsverzeichnis:

Lichtgestaltung mit Positionierung des Keylights

Schauen wir uns als erstes die Positionierung des Keylights in Bezug zu unserem Subjekt an. Je nachdem wie das Subjekt zum Keylight gedreht ist, entstehen mal mehr oder mal weniger Schatten im Gesicht. Ich leuchte generell mit mehr Schatten, weil ich Kontrast einfach mag. Natürlich kann man mit einem hochfrontalen Licht auch Schatten erzeugen, aber das Gesicht ist etwas flacher ausgeleuchtet, wie bei einem klassischen Rembrandt. Hochfrontales Licht wird auch oft als Beauty-Light bezeichnet, da es das Gesicht ganz natürlich (Sonne oft von Oben) ausleuchtet und natürliche Schatten nach Unten wirft.

die lichtfänger eine Lichtquelle Portrait

Ich habe am Anfang meiner Karriere fast alle Portraits mit dieser Lichtrichtung ausgeleuchtet, nach einer Weile war es mir aber einfach zu langweilig, da man nur sehr wenig Schatten hat.

Es gibt dann noch ein seitliches Licht, das das Gesicht komplett in zwei Hälften teilt und das Silhouetten-Licht, bei dem das Keylight von hinten kommt und von vorne kein Fülllicht verwendet wird. Und natürlich alle möglichen Zwischenstufen.

Ich verwende in der Regel das Rembrandt-Licht, weil es für mich ein schönes Verhältnis zwischen Licht und Schatten hat. Beide Augen bekommen etwas Licht ab und haben in der Regel ein Eyelight.

die lichtfänger Schauspielerpotraits

Das klassische Rembrandt-Licht eignet sich aber nicht für alle Szenarien, gerade bei Gesprächen zwischen drei Personen, die auf einer Linie sitzen, kann es sein, dass man je nach Kopfstellung kein Rembrandt mehr hat. Bei dieser Personenanordnung kann ein großes weiches Top-Light besser geeignet sein.

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Blocking der Akteure

Mit der natürlichen Lichtrichtung eines Raumes und dem verlängerten gesetzten Licht haben wir jetzt schon eine bestimmte Lichtstimmung. Je nachdem wie wir jetzt unsere Akteure platzieren können unterschiedliche Positionen des Keylights entstehen. Ich gehe in der Regel so vor, dass ich versuche, die Darsteller so zu platzieren, dass ich ein FarSide Key bekomme und dabei in eine Ecke des Raumes mit der Kamera schieße. So entsteht schon sehr viel Tiefe und man hat direkt ein schönes volumetrisches Bild. Diese Formel habe ich ja in Teil 2 schon vorgestellt. 

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Je nach Beschaffenheit des Raumes bietet es sich an, entweder direkt von Außen zu leuchten, oder falls dies nicht möglich ist von Innen über die Decke auf der FarSide-Key Seite der Akteure. Über die Decke kommt man entweder mit einem Galgen, oder man verwendet eine PoleCat und hängt die Lampen so auf. Teilweise kann man auch einfach mit einem Spotlight-Mount gegen die Decke leuchten und so unser Subjekt beleuchten.  

DIE LICHTFÄNGER BEHIND THE SCENES
Ein 4K HMI durch das Fenster

Intensität des gesetzten Lichts

Habt ihr euch mal gefragt, warum eine Szene falsch oder einfach künstlich beleuchtet aussieht? Oft hat das mit der Intensität der einzelnen Lampen zu tun und mit einem falschen Verhältnis zwischen Umgebungslicht und gesetztem Licht. Am Anfang neigt man dazu, Lampen immer auf voller Leistung laufen zu lassen, oder mit einem kleinen Reflektor zu nahe an das Subjekt zu gehen. Oder generell einfach zu viele Lichtquellen zu verwenden. 

Oft ist das Keylight dann einfach eine Blende zu viel und wirkt gesetzt. 

Gerade Nachts denkt man, dass man alle Lampen auf voller Leistung laufen lassen muss, teilweise überstrahlt man aber damit das Umgebungslicht und muss dann beim Subjekt etwas abblenden, dadurch verringert man dann auch das Umgebungslicht. Das wirkt dann oft so, dass der Akteur in einem schwarzen Raum steht. Hier sollte man eher die Blende öffnen, das Keylight reduzieren und so die unterschiedlichen Lichter aneinander angleichen. Natürlich ist auch das alles von der Story abhängig. 

Generell kann ich aber empfehlen, nach dem Motto „Weniger ist mehr“ zu verfahren. Mit weniger, aber leistungsstärkeren Lampen könnt ihr schon von Grund auf mehr Licht im Raum schaffen und habt nicht unbedingt störende doppelte oder dreifache Schatten. 

Mit schwächeren Lampen könnt ihr natürlich ähnlich verfahren, hier müsst ihr aber mit einer höheren Belichtung arbeiten. Heißt, ihr müsst mehr Licht auf den Sensor lassen. Entweder über die Blende, Belichtungszeit und teilweise über die ISO. Lest hier unbedingt meinen Artikel zur ISO durch. 

Je höher eure ISO ist, desto genauer müsst ihr die Lampen kontrollieren. Bei höheren ISO fallen auch unterschiedliche Farbstiche deutlich negativer auf und die „krassen“ Low-Light Kameras, wie die Sony FX6 haben nicht den besten Aufnahme-Codec für diese hohen ISO-Werte, aber das ist ein anderes Thema. 

Motiviertes Licht

Generell würde ich euch immer empfehlen, ein motiviertes Licht zu setzen. Meiner Meinung nach wirken diese Bilder einfach immer besser. Das bedeutet, dass man oft mit verlängertem Licht arbeitet. 

Wie beim Verlängern des natürlichen Lichts kann man natürlich auch über andere Mittel das Licht motivieren und so natürlichere Bilder bekommen. 

Bei Innenaufnahmen kann man zum Beispiel bewusst Requisitenlampen (Praticals) mit in das Bild integrieren und diese anzuschalten. Die eingeschalteten Lampen bewirken, dass man ungefähr aus der Richtung der Practicals eine Lampe auf das Subjekt setzen kann, ohne dass es gesetzt wirkt. Ihr könnte diese Practicals auch im Vordergrund platzieren und so direkt auch über die Bildgestaltung mehr Tiefe schaffen. 

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Hintergrund interessanter machen

Bei meinem Artikel zur Dreipunkt-Beleuchtung habe ich ja das Raumlicht auch schon erklärt. Versucht den Hintergrund separat vom Subjekt zu beleuchten. Das könnt ihr zum Beispiel mit zwei Lampen und einer Flag machen. Das Keylight wird mit der Flag abgeschattet und sollte nicht auf den Hintergrund fallen, mit dem Hintergrundlicht leuchtet man separat. Man kann hier auch mit einem Spotlight (mit oder ohne Gobo) arbeiten oder mit einem Cucoloris (dafür braucht man aber auch wieder ein Stativ oder Klemme).

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Fenstereffekt im Hintergrund mit Aputure 300x mit Spotlight

Falls ihr mit Spiegeln arbeitet, dann könnt ihr auch mit einer Lampe mehrere Dinge ausleuchten. Ihr braucht dann eben mehrere Spiegel, die unterschiedlich angeordnet sind und am besten noch eine unterschiedliche Charakteristik haben (voll reflektierend, matt).

Lichtstimmung anpassen

Ich habe ja bereits in Teil 1 erläutert, dass Licht unterschiedliche Farben hat. Ihr könnt natürlich auch mit diesen Farben arbeiten. Dabei muss auch nicht immer alles neutral sein. Ihr könnt über den Weißabgleich der Kamera auch Licht etwas wärmer oder kälter machen. Mit einer Bi-Color LED könnt ihr natürlich auch direkt an der Lampe die Farbe genau einstellen. 

Mit Farbkontrasten arbeiten

In meinem Artikel zur Bildgestaltung habe ich den Farbkontrast auch schon erwähnt. Ihr könnt mit unterschiedlichen Lichtfarben (Keylight warm, Fülllicht kalt) arbeiten, um so einen Farbkontrast zu bekommen. Mit dem Kontrast könnt ihr euer Subjekt mehr aus dem Bild abheben und so den Blick von euren Zuschauern lenken. Meiner Meinung nach sollte man hier aber auf keinen Fall die Licht-Motivation vernachlässigen. Ein unmotivierter Farbkontrast sieht aus wie jeder Film von Till Schweiger … 

Keine Angst vor natürlichen Farbunterschieden

Jetzt haben wir hier noch ein technisches Phänomen, die gleichen Lampen (also gleicher Hersteller, gleicher Bautyp) können leicht in der Farbtemperatur abweichen. Gerade bei den günstigeren Herstellern ist dies der Fall. Aber auch bei teuren Profi-Lichtern ist man hiervor nicht gefeit. 

DLF Lichtschule Lichtfgestaltung Farbunterschiede

Jetzt gibt es die Leute, die propagieren, dass man Mischlicht auch jeden Fall immer vermeiden muss. Der Meinung war ich am Anfang meiner Karriere auch einmal, mittlerweile sehe ich es aber deutlich entspannter und freue mich auch öfters über unterschiedliche Lichtfarben. Gerade bei Practicals im Bild (vornehmlich Leuchtstoffröhren). 

Mittlerweile sind die Kamerasensoren und die Aufnahmecodecs von den meisten Kameras so gut, dass diese leichten Farbabweichungen ohne Probleme aufgenommen werden können. Früher bei den 8-Bit Codecs gab es hier noch mehr Probleme, gerade bei der Farbkorrektur. Hier musste man oft alle Leuchtstoffröhren in einem Raum austauschen, sodass alle exakt die gleiche Farbtemperatur hatten. Das kostet natürlich auch eine Menge Zeit. 

Je niedriger eure Bitrate ist, desto störender sind auch diese leichten Farbunterschiede, weil der Codec dann einfach keinen schönen Farbverlauf darstellen kann und hässliche Artefakte entstehen. Dieses Problem habe ich aber mit den Pocket-Kameras von Blackmagic, der KOMODO von RED oder der ARRI Alexa nicht mehr. Es macht halt doch noch einen gewissen Unterschied, ob man mit einer 10bit Sonykamera mit schlechtem Codec oder einer 12bit Kamera mit gutem Codec arbeitet. 

Happy Accidents

Bei der Lichtsetzung müsst ihr aber immer auch ein offenes Auge für spontane Einfälle und Zufälle lassen. Ich habe zwar immer ein sehr festes Schema für die Positionierung und Intensität der Lampen, beim Stellen der Lampen sieht man oft interessante Dinge und sollte diese, wenn Zeit ist, auch ausprobieren. Das ist natürlich oft einfacher, wenn man mit einem Licht-Team arbeitet und selbst an der Kamera steht. Oft ergeben sich hier interessante Dinge, man sollte aber alle Einstellungen durchdenken, ob es mit dem Zufalls-Licht auch immer funktioniert. Wenn sich das Zufalls-Licht nur für die Close-Up eignet, sollte man eher beim ursprünglichem Plan bleiben. 

Licht in Kombination mit der Kamera

Jetzt haben wir in der kompletten Lichtschule die Kamera nur nebensächlich betrachtet, aber das Bild entsteht natürlich nicht nur Live am Set bei uns im Auge, sondern muss schließlich auch von einer Kamera aufgezeichnet werden. Die Kamera hat hier natürlich auch noch viel Einfluss auf die Szenerie, sei es durch die Kadrage bei der Bildgestaltung, die Objektivwahl, den Weißabgleich oder die Belichtung. Ihr könnt mit der Kamera natürlich viel kaschieren und so eure begrenzen Mittel beim Licht etwas ausgleichen. Heißt aber dann auch, dass man halt nicht unbedingt eine Supertotale machen kann.

DLF Lichtschule Lichtfgestaltung Belichtung der Kamera
DLF Lichtschule Lichtfgestaltung Belichtung der Kamera

Zusammenfassung der Lichtgestaltung

Das war jetzt Teil 3 Lichtgestaltung der kurzen dreiteiligen Lichtschule und ich hoffe, dass ihr viel gerlent habt. Je mehr man beim Licht lernt, desto mehr kann man beim Licht lernen. So geht es zumindest mir.

Ich möchte euch auch gar nicht sagen, dass meine Bilder besonders gut sind und dass ihr alles genauso machen müsst. Es handelt sich natürlich um Bilder, die mir persönlich gefallen. Natürlich sehe ich immer Verbesserungsmöglichkeiten, aber grundsätzlich bin ich mittlerweile deutlich zufriedener mit meinen Bildern als noch vor fünf Jahren. Und die Zufriedenheit hat zugenommen, als ich mich noch mehr mit der Lichtgestaltung beschäftigt habe und auch deutlich mehr versucht habe Lichtkonzepte für die unterschiedlichen Projekte zu erarbeiten. 

Gerade bei längeren Projekten habe ich hier festgestellt, dass man mit einem Lichtkonzept weniger im Dunkeln tappt bei der Lichtsetzung (guter Witz …), sondern einfach auf das vorher überlegte Konzept zurückgreifen kann. Man kann auch mit dem Team besser kommunizieren. Bei unserem Spielfilm-Projekt im Sommer 2023 hatten wir festgelegt, dass Practicals zwar im Bild, aber nie an sind. Der Hauptprotagonist, macht auch Nachts zuhause keine Lichter an und tappt eher im Dunkeln. Das ist auch auf seine innere Gemütslage abgestimmt, da eh den ganzen Film nicht so recht weiß, ob es sich um die Realität oder eine Einbildung handelt. Allein dieser Punkt (Keine Practicals sind an) legt schon so viele Dinge fest und macht es einem einfach, das Licht um diesen Punkt rum zu planen. 

Braucht man Inspiration beim Licht

Jetzt werde ich auch oft gefragt, ob man Inspiration beim Licht braucht. Ich habe zu Beginn meiner Karriere den Fehler gemacht und überhaupt keine Arbeiten von anderen analysiert. Ich habe ein paar Fachbücher gelesen und meistens die klassische 3-Punkt-Beleuchtung gemacht. Mit der Folge, dass viele von meinen Bildern einfach überleuchtet waren und dadurch kontrastarm und einfach neutral. Ich konnte keine wirkliche Stimmung vermitteln. 

Man braucht am Anfang Inspiration von anderen, dabei geht es auch nicht immer um andere Filmemacher. Schaut euch Fotografien an, schaut euch Kunstwerke an, schaut euch Gebäude an (wie fällt das Licht in den Raum). Probiert viel aus und testet auch viel. 

Am Anfang neigt man auch dazu, sich von zu großen Projekten inspirieren zu lassen. Natürlich möchte jeder so Lichtsetzen können wir Roger Deakins. Aber oft fehlt es hier einfach an den technischen Mitteln. Man kann mehrere 18KW HMIs einfach nicht mit mehreren 600 Watt LEDs ersetzen. Schaut vielleicht auch mal bei kleineren Projekten, die vielleicht ähnliches Equipment verwenden wie ihr. Es heißt zwar „reach to the stars“, aber man muss auch realistisch bleiben. Und das bedeutet ja nicht, dass man nicht auch mal selbst mit 18KWs arbeiten kann (was ich auch noch nie gemacht habe). 

Je mehr ihre hier macht, desto weniger müsst ihr euch von anderen inspirieren lassen, weil ihr selbst einfach schon ein Repertoire aufbaut. Oft bekommt man dann schon durch das Drehbuch/Konzept einen Eindruck von der Stimmung und kann dann alles mit der Regie durchsprechen. Mit mehr Erfahrung könnt ihr euren eigenen Stil entwickeln und hier würde ich sagen, dass ich mich gerade befinde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon einen eigenen Stil habe. 

Noch ein Tipp

Was ich auf jeden Fall machen werde, ist das Buch Light & Depth noch einmal genau zu studieren mit dem Wissen, dass ich jetzt habe. Habe das Buch vor 10 Jahren gelesen, aber wahrscheinlich gar nicht alles verarbeitet. Mit meinem jetzigen Wissen kann ich wahrscheinlich weitere Techniken deutlich besser anwenden und in 10 Jahren kann ich das Buch dann wieder lesen.

Mein neues E-Book DLF LICHTSCHULE

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*es handelt sich um Fotokoch-, Amazon-, EBay-, SmallRig oder Thomann-Affiliate Links.
Das bedeutet, ich bekomme eine Miniprovision, wenn jemand etwas kauft,
das Produkt wird dadurch nicht teurer.

Josef Sälzle DIE LICHTFÄNGER

Hi, ich bin Josef, Kameramann und Filmemacher.
Ich schreibe in meinem DIE LICHTFÄNGER Blog über die Theorie des Filmemachens, schaue mir die Technik an
und gebe euch Tutorials zu unterschiedlichsten Themen.

Mit meiner Filmproduktion DIE LICHTFÄNGER mache ich Filme für Unternehmen sowie für Selbstständige. Bei Fragen könnt ihr mir gerne eine Mail schreiben.

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