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DLF LICHTSCHULE: TEIL 2 LICHT SETZEN

In Teil 1 der DIE LICHTFÄNGER LICHTSCHULE haben wir besprochen, wie wichtig es ist, Licht zu analysieren, um eine Location besser beurteilen und festlegen zu können. In diesem Teil geht es darum, wie man mit vorhandenem Licht arbeiten kann und auch selbst Licht setzen kann. 

Inhaltsverzeichnis:

Licht analysieren

Wenn man an einem Drehort ankommt, ist es wichtig, das vorhandene Licht zu analysieren. Wie fällt das Licht im Raum? Wie fällt das Licht draußen? Diese Fragen sind wichtig, um zu entscheiden, was getan werden muss. Schaut euch nochmal die Charakteristiken von Licht aus Teil 1 an und nehmt euch Apps zur Hilfe (auch in Teil 1 erwähnt).

Mit vorhandenem/natürlichem Licht arbeiten

Es gibt zwei Möglichkeiten, mit vorhandenem Licht zu arbeiten: Man kann das vorhandene Licht verstärken oder es wegnehmen. 

Natürliches Licht mit Reflektoren verstärken/umlenken

Eine Möglichkeit, das Licht zu verstärken, ist die Verwendung von Reflektoren. Reflektoren können das Licht von einer Lichtquelle reflektieren und es zurück in die Szene werfen, um zum Beispiel ein Keylight zu erzeugen. Hier kommt es natürlich auf die Platzierung (Lichtrichtung), Größe und Beschaffenheit des Reflektors an. Mit einem kleinen Reflektor hat man eher eine kleinere Lichtquelle und muss oft sehr nah an das Subjekt ran, wenn man ein weicheres Licht haben will. Das wirkt dann oft schnell zu gesetzt. Daher empfiehlt es sich, größere Reflektoren zu nehmen. In Innenräumen kann man mit 4×4, 6×6 oder 8×8 gut arbeiten, je nach Raumhöhe natürlich. 

Draußen empfiehlt es sich direkt mit 8×8 oder 12×12 zu arbeiten. Diese Größen an Reflektoren kann man aber nicht mehr alleine oder zu zweit handhaben. Hier braucht man ein größeres Team beim Licht, da diese großen Reflektoren oft abgespannt werden müssen. Ihr arbeitet hier einfach mit großen Segeln und draußen gibt es Wind. Da man draußen, aber die Sonne und das Umgebungslicht nicht so gut verändern kann, muss man hier eben mit größeren Reflektoren arbeiten. 

Ich habe natürlich draußen auch schon mit kleineren Reflektoren (6×6) gearbeitet, hier ist man aber oft auch schon wieder sehr bei der Einstellungsgröße und Anzahl der Subjekte limitiert. Halbnah mit zwei Personen gehen gut. Eine Totale bekommt man mit 6×6 aber oft nicht ausgedeckt. Hier sieht man dann sehr schnell den Rahmen und die Schatten, die der Rahmen auf den Boden wirft, im Bild. 

Natürliches Licht mit Lampen verstärken/verlängern

Man kann das natürliche Licht, das in den Raum fällt, auch mit Lampen verstärken (hier spricht man auch oft von Verlängern). Hierbei sollte man auf die Farbtemperatur und Qualität des natürlichen Lichts achten und die künstliche Lichtquelle so gut wie es geht angleichen. Das heißt, wenn wir natürliches hartes Sonnenlicht im Raum haben und dadurch sehr klare Schatten, kann ein sehr weiches künstliches Licht falsch aussehen. Hier empfiehlt es sich dann ein eher härteres Licht zu verwenden. 

Mit dem natürlichen Licht arbeiten

Wichtig beim Verlängern ist, dass man nicht gegen die natürlich Lichtrichtung arbeitet.

Diesen Fehler habe ich am Anfang meiner Karriere oft gemacht. Ich habe oft meine Lampen gegenüber von Fenster platziert und so von der anderen Seite das Subjekt ausgeleuchtet. Auf diese Weise bekommt man ein sehr flaches und unausgeglichenes Bild. Es sieht auch deutlich künstlicher aus, weil man sowieso nicht gegen die Stärke der Sonne ankommt. 

DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, negativ Beispiel
Negativ-Beispiel: Sehr flaches Licht, unmotivierte Spitze und auch deutlich zu hell.

Als Erstes schaut man sich das natürliche Licht, das im Raum ist, an. Hierfür kann es notwendig sein, alle anderen künstlichen Lichtquellen (z. B. Deckenlichter) auszuschalten. Jetzt sollte man die natürliche Lichtrichtung sehen. Jetzt gilt es von dieser Seite zu leuchten.

DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, positiv Beispiel
Positiv-Beispiel: motiviertes Licht von links, kein unmotivierte Spitze, mehr Kontrast. Das hier ist auch ein Foto und kein Screengrab von der Kamera, mit der Kamera war ich etwas weiter links und so hebt sich sein Kopf noch mehr vom hellen Hintergrund ab. Das Bild habe ich mit meiner Fuji X100V gemacht, mein Porta800 Filmprofil war aktiviert, daher ist das Bild deutlich kontrastreicher wie das Bild der Alexa unten.
DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, DAY INT
Screengrab von der Kamera, noch nicht gegraded. Darsteller jetzt auch im richtigen Kostüm.
Natürliches Licht wegnehmen

Man kann aber natürlich nicht nur Licht hinzufügen, sondern auch wegnehmen. Man spricht Abschatten oder Negative Fill. Hierfür nimmt man oft schwarzen Molton als Rollmops, Flag oder in einem Rahmen (meine Ultrabounce-Bespannungen haben auch immer eine schwarze Seite). Durch das gezielte Wegnehmen von Licht kann man mehr Kontrast hinzufügen und so gegen flaches langweiliges Licht ankämpfen. Teilweise kann es auch sinnvoll sein, Molton an der Decke zu befestigen oder Molton auf den Boden zu legen. 

die Lichtfänger 10 tipps Lichtgestaltung
die Lichtfänger 10 tipps Lichtgestaltung

Egal ob man mit Reflektoren, Licht oder Negative-Fill arbeitet, mit dem natürlichen Licht hat man oft immer ein Problem – die Sonne wandert und ändert sich auch das Licht im Raum. Oft muss man die Reflektoren oder den Negative-Fill neujustieren. Bei Lampen muss man oft die Intensität oder die Farbtemperatur anpassen. Besonders wenn wir Nachmittags bis frühen Abend drehen, hier ändert sich die Richtung und Farbtemperatur der Sonne sehr schnell. 

Daher ist es oft sehr angenehm, wenn man das natürliche Licht so gut wie es geht, konstant halten kann. Das funktioniert auf gebauten Sets, in Wohnungen (Ausrichtung zur Nordseite) und im Studio natürlich besser, wie auf einem freien Feld. 

Eigenes Licht setzen

Wenn man überhaupt kein natürliches Licht im Raum hat, kann man selbst komplett sein eigenes Licht setzen. Hier könnt ihr je nach Kamerarichtung und Ausschnitt komplett selbst eure Lichtstimmung wählen. Soll das Licht eher weich sein, dann leuchtet ihr eben mit weichen Lampen und bei hartem Licht eben mit harten Lampen. 

Ganz so einfach ist es aber leider nicht, weil man sich mit den Lampen auf dem Set natürlich auch einschränkt, gerade wenn ihr mit vielen Stativen auf dem Boden arbeitet. Daher versucht man auch oft über die Decke zu leuchten oder von Außen. 

Wenn man von Außen leuchtet, hat man natürlich wieder das Problem, dass man gegen die Sonne ankämpft. Daher braucht man hier einfach auch leistungsstarke Lampen (ab ca. Arri M18, besser mehr), damit man überhaupt eine Chance gegen die Sonne hat. Es kann auch sinnvoll sein, dass man eine Art Zelt vor die Fenster baut und so das Sonnenlicht „aussperrt“ und dann seine eigenen Lampen in diesem Zelt aufstellt. 

Wie ihr sehr ist komplett eigenes Licht setzen nicht ganz so einfach, wie immer behauptet wird. Ich empfehle generell immer mit dem natürlichen Licht zu arbeiten und dieses zu verstärken. Gerade, wenn man nicht mit den größten Budgets arbeitet. 

Man muss natürlich seine Lampen und die Leistung kennen und wissen, was man damit machen kann und was nicht. Es hilft auch, wenn man die Story des Films entsprechend der Location und dem vorhandenen Licht plant. Heißt, wir drehen nicht unbedingt Nacht für Tag (Night for Day) draußen (EXT), wenn wir nur eine Aputure 300x zur Verfügung haben. Eine Nacht für Tag innen (INT) kann dagegen schon wieder möglich sein, wenn man zum Beispiel kein Fenster im Shot hat. 

DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, NIGHT INT
DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, NIGHT INT
DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, NIGHT INT
DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, NIGHT INT

Licht-Szenarien

In diesem Abschnitt möchte ich euch kurz die unterschiedlichen Licht-Szenarien erläutern. Es gibt Tageslicht Außen (DAY,EXT), Tageslicht Innen (DAY, INT), Nacht Außen (NIGHT, EXT) und Nacht Innen (NIGHT,INT). Innerhalb all dieser Szenarien gibt es dann natürlich hartes oder weiches Licht und/oder warmes oder weiches Licht. Wollt ihr Mondlicht oder Sonnenlicht? Wollt ihr Wolken oder blauen Himmel. Oder soll die Szenerie komplett rot sein (vielleicht steht vor dem Subjekt ein Auto an der Ampel nachts). All dies könnt ihr teilweise bei euren Filmen festlegen, am ehesten durch die Geschichte und eben durch die Lichtgestaltung. 

Licht-Bedarf berechnen

Ich habe ja schon öfters geschrieben, dass es nicht so einfach ist, das Licht einfach mal komplett selbst ohne die Sonne oder anderes Raumlicht zu setzen, weil einfach oft die Lichtleistung fehlt. Wenn ihr die Lichtstärke berechnen könnt, dann kann es einfacher für euch sein, eine Lichtliste aufzustellen. Oder ihr könnt besser einschätzen, was ihr mit euren eigenen Lampen machen könnt und was nicht. 

Die Leistung eines Lichts wird ja oft in Watt angegeben. Das bringt uns aber oft nichts, weil es sich bei Watt um die elektrische Leistung handelt und nicht das Ausstrahlen von Licht. Bei einer 50 Watt Lampe kann mehr Licht auf dem Subjekt ankommen, wie bei einer 100 Watt Lampe. 

Daher gibt es noch den Wert Lumen, „der angibt, wieviel Licht eine Lichtquelle pro Zeitspanne ingesamt abgibt“ (Quelle Wikipedia). Mit dem Lumen-Wert können wir unterschiedliche Lampen schon besser miteinander vergleichen. Hier fehlt aber noch die Fläche, auf das das Licht treffen soll. Hierfür gibt es den Wert LUX (metrisch) und Footcandles (imperial). „

Die Maßeinheit Lux ist definiert als die photometrische Beleuchtung, die ein Lichtstrom von 1 Lumen (lm) erzeugt, wenn er sich gleichmäßig über eine Fläche von 1 Quadratmeter (m2) verteilt“ (Quelle Wikipedia).

Jetzt haben wir die Stärke eines Lichts auf eine bestimmte Fläche und jetzt müssen wir noch die Kameraparameter (Blende, Belichtungszeit, ISO) in die Berechnung aufnehmen. Hierfür habe ich diese Tabelle für euch. Es ist leider nur eine Footcandle-Tabelle, aber man kann ja Footcandles in Lux umrechnen. Als Faustregel gilt: 1000 Lux (100 fc) entsprechen einer Belichtung von f/2.8 bei 1/50 bei ISO 100.

DLF Lichtschule Teil2: Licht setzen, Licht berechnen

Jetzt könnt ihr in der Tabelle schauen, wieviele FootCandles ihr braucht, wenn ihr zum Beispiel mit ISO800 dreht, mit einer Blende von f2,0. 

Das Quadratgesetz solltet ihr beim Licht auch immer im Kopf haben. Wenn ihr die Distanz verdoppelt, kommt nur noch ein Viertel so viel Licht an. 

Licht messen

Beim Locationscouting und auch beim Dreh kann es sehr wichtig sein, das vorhandene Licht zu messen. So weiß man, wieviel Licht man überhaupt zur Verfügung hat. Um das Licht zu messen, braucht man einen Lichtmesser. Das kann ein dedizierter Lichtmesser sein (z. B. von Sekonic) oder einfach eine digitale Kamera. 

Zunächst muss ich aber zwei unterschiedliche Messmethoden erläutern. 

Es gibt „Reflective“- und „Incident“ -Lichtmesser.

Reflective

Beim Reflective Lichtmesser wird das Licht von der Kameraposition gemessen. Dies ist der Belichtungsmesser, der direkt in der Kamera verbaut ist. Licht strahlt auf unser Objekt, wird vom Objekt reflektiert und gelangt so in das Objektiv und auf unseren Sensor. Hier liegt auch schon ein Nachteil, das gesamte Licht wird in der Kamera gemessen. Der Lichtmesser gibt einen Durchschnittswert. Wenn man zum Beispiel drei Lichtquellen hat, dann bekommt man ein Messergebnis von allen drei Lichtquellen. Man kann hier einzelne Lichter nicht so genau steuern. Dafür bekommt man deutlich schneller ein Ergebnis. In normalen und sehr kontrollierten Lichtsituation kann man mit dieser Methode sehr gute Ergebnisse erzielen. In Extremsituationen versagt diese Messmethode aber leider oft. Ein Beispiel hierfür sind Filmaufnahmen im Schnee. Hier misst der Lichtmesser einen sehr hellen Wert und gibt daher dunklere Blendenwerte an. Das Bild wird unterbelichtet.

Incident

Ein Incident Lichtmesser misst das Licht direkt am Objekt und wird in Richtung der Lichtquelle gehalten. Das Licht ist also noch nicht auf dem Objekt und kann somit die Werte nicht verfälschen. Man kann jede Lichtquelle einzeln messen und bekommt dadurch ein deutlich genaueres Ergebnis. Wenn man zum Beispiel möchte, dass das Spitzlicht um zwei Blenden heller ist, als das Hauptlicht, dann kann man beide getrennt voneinander messen und dann das Spitzlicht dementsprechend anpassen. Gerade wenn man an unterschiedlichen Orten, immer die gleiche Lichtcharakteristik haben möchte, ist der Incident-Lichtmesser der perfekte Begleiter.

Ich verwende auch heute noch oft meinen Sekonic L-478D Lichtmesser und kann auch so mal schnell ohne Kamera das Licht im Raum messen und dann schon Infos an die Kamera- und Lichtcrew weitergeben. 

Eine Lichtformel finden

Ich weiß, für viele klingt eine Formel erstmal nach Mathe und Langeweile. Kreative lassen sich doch nicht in eine enge Formel zwingen. Aber wie gesagt, analysiert einfach mal eure Arbeit und experimentiert mit unterschiedlichen Lichtsetzungen. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich, wenn möglich, mit FarSide-Key arbeiten will. Für mich sehen diese Bilder einfach besser aus. Es gibt natürlich auch schöne Bilder mit NearSide-Key, aber ich persönlich finde es viel schwieriger mit dieser Lichtrichtung zu arbeiten. Als Zweites versuche ich immer mit der natürlichen Lichtrichtung eines Raumes zu arbeiten. Mit diesen beiden Parameter kann ich schon jede Menge unterschiedlichste Herausforderungen beim Licht abdecken.

Solltet ihr auch mit dieser Formel arbeiten?

Wenn euch meine Bilder gefallen, dann könnt ihr mit dieser Formel arbeiten. Ich empfehle, dass ihr euch aber selbst mehr mit dem Licht beschäftigt (was ihr ja mit diesen Artikeln der Lichtschule macht) und selbst Regeln für euch erstellt. Wie gesagt, erst seitdem ich mich deutlich kleinteiliger mit dem Licht beschäftigt habe, gefallen mir meine Bilder auch deutlich besser.

Zusammenfassung Licht setzen

Ok fassen wir jetzt alles zusammen. Ihr könnt mit natürlichem Licht arbeiten und dieses mit Reflektoren, Lampen oder NegativeFill modifizieren. Ihr könnt aber auch komplett mit eigenem Licht arbeiten, hier müsst ihr aber das natürliche Licht so gut wie es geht „Aussperren“. Das funktioniert bei manchen Szenarios (NIGHT/INT) besser als bei anderen (DAY/EXT). 

Ich versuche immer das natürliche Licht im Raum zu verstärken.

Mit LUX und LUMEN könnt ihr unterschiedliche Lichter miteinander vergleichen und auch den Licht-Bedarf für eure Kamera berechnen. Vorhandenes Licht könnt ihr dann mit einem Lichtmesser messen. 

Mein neues E-Book DLF LICHTSCHULE

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Josef Sälzle DIE LICHTFÄNGER

Hi, ich bin Josef, Kameramann und Filmemacher.
Ich schreibe in meinem DIE LICHTFÄNGER Blog über die Theorie des Filmemachens, schaue mir die Technik an
und gebe euch Tutorials zu unterschiedlichsten Themen.

Mit meiner Filmproduktion DIE LICHTFÄNGER mache ich Filme für Unternehmen sowie für Selbstständige. Bei Fragen könnt ihr mir gerne eine Mail schreiben.

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