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Mit einer Cinema Camera arbeiten

In diesem Artikel zeige ich euch, wie ihr mit einer Cinema Camera arbeitet. Kurzzusammenfassung: Es ist nicht so viel anders, wie mit einer „normalen“ Filmkamera. Es gibt aber bei Cinema Cameras ein paar Besonderheiten, die den Setalltag leichter machen. 

Inhaltsverzeichnis:

Was ist eine Cinema Camera?

Für mich ist eine Cinema Camera eine Kamera, die komplett für das Filmen optimiert ist, professionelle Anschlüsse (SDI, etc.) hat, einen modularen Formfaktor (gibt natürlich auch Hybrid-Modelle) hat, einen etablierten Workflow für das Material bietet (ProRes, raw) und bei der Bildqualität keine Abstriche macht. 

Eine Canon R5 ist für mich ganz klar keine Cinema Camera. Die neue Canon R5C übrigens auch nicht. Die DSLMs sind Hybrid-Kameras, die versuchen Foto und Film zu vereinen. Vieles machen sie hier auch gut, aber eine spezialisierte Kamera ist immer besser im jeweiligen Bereich. 

Blackmagic bringt erste günstige Cinema Camera auf den Markt 

Mit dem Erscheinen der Blackmagic Cinema Camera wurde ein neues Zeitalter eingeläutet. Die BM Cinema Cameras bietet das, was eine DSLR zum damaligen Zeitpunkt nicht konnte – raw-Video, ProRes-Video und professionelle Anschlüsse (SDI). Die BMCC war für viele die erste „echte“ bezahlbare Cinema Camera. Davor gab es eben nur die ARRI Alexa, die RED One oder Sony HDC-F950 (keine vollständige Liste). Diese Cinema Cameras waren aber alle unbezahlbar für den kleinen Filmemacher. Die Canon 5D MK3 bot zwar einen Vollformat-Sensor, aber sonst kaum Features für professionelle Filmer. 

die lichtfänger das erbe der HDDSLR

Seit 2012 sind natürlich ein paar Jahre vergangen und mittlerweile kann sich fast jeder eine Cinema Camera leisten. Mittlerweile hat ja jeder eine Blackmagic Pocket 4K und somit eine Cinema Camera. Oft wissen viele aber nicht, wie man mit der Kamera richtig umgeht. Ich sehe noch sehr viele, die wahllos die ISO verstellen, wenn sie das Bild heller haben wollen. Mehr zur Belichtung der Pocket4K gibt es in meinem Artikel zur Kamera. 

Eine Cinema Camera muss man deutlich besser verstehen als eine DSLR oder einen Camcorder. Dadurch erhält man aber in der Regel auch ein hochwertigeres Bild (gilt natürlich nur bei gleichen Lichtverhältnissen, Bildgestaltung, Kostüm, Set, etc.). Eine Cinema Camera macht eure Bilder nicht automatisch „cinematic“, sie kann euch aber dabei helfen. 

Modulare oder All-In-One Cinema Camera

Bei den Cinema Cameras gibt es natürlich auch unterschiedliche Bauformen und mit den neuen Entwicklungen sind die Übergänge zu einer „normalen“ Kamera noch fließender geworden. Es gibt modulare, teil modulare und All-In-One-Systeme bei den Cinema Cameras. 

MODULAR

Die modularen Cinema Cameras sind in der Regel ein Würfel oder Quader. Dadurch sind sie sehr unterschiedlich einsetzbar. Ohne Zubehör sind die Kameras sehr klein und somit optimal für den Gimbal, als Crashcam oder für enge Räume geeignet. Wenn man die Kamera in einem Studio-Setup nutzen will, kann man zusätzliches Zubehör (Griffe, Cage, Schulterpolster, etc.) verwenden. 

Red Komodo Body

ARRI hat zum Beispiel die Alexa Mini als Gimbal-Kamera entwickelt und sie zusätzlich zur großen Alexa auf den Markt gebracht. Mittlerweile verwenden die meisten Produktionen aber eher die Mini, weil sie deutlich flexibler einsetzbar ist. Der Trend geht auch ganz klar zu kleineren Systemen. ARRI hat bei der Qualität der Alexa Mini aber keine Abstriche gemacht. Sie liefert das gleiche Bild wie die große Alexa. Man muss also keine Abstriche in der Bildqualität machen, wenn man ein kleineres Kamerasystem wählt. 

die lichtfänger Außenseiter Kurzfilm mit pocket 4k

RED, Kinefinity oder Z-Cam machen das ähnlich. 

Beispiele:

  • ARRI ALEXA MINI
  • SONY VENICE
  • RED KOMODO
  • RED RAPTOR
  • RED DSMC2 (Gemini, Dragon, Helium) 
  • Blackmagic Micro Cinema Camera
  • Z CAM E2
  • Kinefinity MAVO und TERRA
TEILMODULAR

Bei den teil modularen Systemen gibt es in der Regel ein festes Gehäusekonzept. Hier denke ich zum Beispiel an die ARRI Alexa Studio oder die Blackmagic Ursa Mini. Die Kamera ist kein kleiner Würfel, sondern ist deutlich größer. Dadurch hat man in der Regel schon ein größeres Display bei der Kamera und mehr professionelle Anschlüsse. Teilweise ist auch schon eine Schulterstütze integriert (siehe ARRI Amira). Natürlich kann man diese Kameras auch noch erweitern. Der Einsatzort ist aber nicht mehr so flexibel, weil man einfach nicht mehr in jeden Winkel mit der Kamera kommt. 

die lichtfänger Blackmagic Ursa Mini Pro

Der Einsatzzweck unterscheidet sich hier aber auch. Wenn man weiß, dass man einen Film komplett von der Schulter, Stativ oder auf dem Dolly dreht, dann kann man direkt einen etwas größeren Kamerabody wählen. Man hat dann direkt mehr professionelle Anschlüsse und mehr Gewicht. 

Mehr Gewicht ist auf der Schulter oft besser, weil die Aufnahmen dadurch ruhiger werden. Wenn man eine RED KOMODO zum Beispiel auf der Schulter verwenden will, muss man erst eine Menge Zubehör anbauen. Die ARRI Amira ist mit Sucher eigentlich direkt einsetzbar. 

Allgemein kann man sagen, dass sich die modularen und teil modularen Kameras fast nur im Gehäusedesign unterscheiden. 

Beispiele

  • ARRI ALEXA STUDIO
  • ARRI AMIRA
  • BLACKMAGIC URSA MINI
  • BLACKMAGIC POCKET 4K/6K/6KPRO
  • SONY F55
ALL-IN-ONE

Die dritte Kategorie der Cinema Camera sind die All-In-One-Systeme. Die Kameras haben auch teilweise ein festes Gehäusekonzept. Zusätzlich aber noch viele Features aus dem Consumer-Bereich. Autofokus und interne ND-Filter sind zum Beispiel bei den ALL-In-One-Systemen mittlerweile Standard. Den ALL-IN-ONE-Systeme fehlen aber oft professionelle Codecs wie ProRes oder internes raw-Video. Meistens kann man aber über einen externen Recorder raw-Video aufzeichnen. 

die lichtfänger Canon C300

Beispiele für ALL-IN-ONE Kameras sind zum Beispiel die Kameras der Canon C-Linie (C300, C500, C70, etc.), die Sony FX-Linie (FX3, FX6 oder FX9). 

Wenn wir uns die FX3 von Sony anschauen, sieht man starke Ähnlichkeiten zur A7-Linie. Die Übergänge sind mittlerweile einfach fließend. 

Beispiele

  • CANON C-Serie
  • SONY FX-Serie
  • SONY FS-Serie

Cinema Camera auf persönliche Bedürfnisse anpassen

Rig aufbauen

Viele modulare und teil modulare Cinema Cameras kann man sehr einfach auf seine persönlichen Bedürfnisse anpassen. Mit Cages, Handgriffen, Tophandles hat man unterschiedliche Möglichkeiten. Natürlich kann man auch noch einen Sucher, einen externen Monitor oder eine Videofunkstrecke anschließen. 

Ich empfehle hier nicht sofort sämtliches Zubehör für die jeweilige Kamera zu kaufen. Schaut euch bei den Zubehör-Herstellern unterschiedliche Produkte und Konfigurationen der Kamera an. Fragt euch bei Kollegen nach und leiht euch evtl. das eine oder andere Produkte erst einmal aus. Ich habe festgestellt, dass man viele Dinge überhaupt nicht braucht. Man muss aber ein paar Mal mit der Kamera auf einem Dreh gearbeitet haben, um hier eine gute Entscheidung treffen zu können. 

die lichtfänger BMPCC4K Rig Studio
Individuelle Buttons und Menü

Die meisten Cinema Cameras haben teilweise frei konfigurierbare Knöpfe (das haben natürlich viele DSLMs und andere Kameras auch). Hier könnt ihr oft genutzte Funktionen auf eine Taste legen und ihr seit somit auf dem Dreh deutlich schneller. Oft unterstützen die Kameras auch verschiedene Presets. Mit Presets kann man in der Kamera bestimmte Szenarien (z. B. Slowmotion) abspeichern und so auch sehr schnell auf diese Funktion zugreifen. 

Zusätzlich zu den Buttons und Presets gibt es bei manchen Kameras (z. B. Canon C-Serie und Sony FX-Serie) auch die Möglichkeit individuelle Menüs zu erstellen. Die Menüs funktionieren dann ähnlich wie die Presets. Man kann hier oft genutzte Funktionen ablegen und hat so schnell Zugriff. 

Generell sind Cinema Cameras auf eine schnelle unkomplizierte Bedienung ausgelegt. Meistens kann man fast alle Kamera-Einstellungen direkt am Gehäuse über einen Knopf oder Tastenkombination machen. 

Mit Cinema Camera arbeiten

Mit einer Cinema Camera arbeitet man oft etwas anders.

Langsameres Arbeiten

Mir ist aufgefallen, dass man oft viel langsamer arbeitet. Viele Cinema Cameras (RED und ARRI) brauchen erst einmal eine Weile, bis sie hochgefahren und einsatzbereit sind. Oft vergehen hier schnell mal 30 Sekunden. Es ist daher sinnvoll, die Kamera eigentlich die ganze Zeit laufen zu lassen und die Akkus bei laufendem Betrieb zu wechseln. Die Kamera muss hier natürlich Hot-Swap unterstützen. 

Die Kameras von Blackmagic sind hier eine schöne Ausnahme, weil sie sehr schnell booten. Ich muss aber auch sagen, dass mir das langsamere Arbeiten auch gefällt. Wenn man mit einer Cinema Kamera arbeitet, dann plant man ja in der Regel viele Shots vor, richtet das Licht ein, platziert die Darsteller etc., hier braucht man oft keine Kamera die sofort einsatzfähig ist. Bei einem Event, bei dem man kein Bild verpassen darf, ist das natürlich etwas anderes. Hier würde ich aber auch nicht unbedingt mit einer Cinema Camera arbeiten.

Professionelle Codecs

Cinema Cameras nehmen meistens mit professionellen Codecs (ProRes, ARRIRaw, REDRAW, etc.) mit einem hohen Speicherbedarf auf. Hier sollte man ausreichen Speichermedien am Set haben und sich auch Gedanken machen, wie man die Daten dann kopiert. Eine 1TB-Karte kopiert man natürlich nicht so schnell wie eine 64GB Karte. 

Gleichbleibendes Bild

Der Sensor eine Cinema Camera wird aktiv gekühlt und auch erhitzt, damit man immer die gleichbleibende Qualität hat. Hierfür ist natürlich ein Lüfter notwendig. Teilweise werden die Lüfter sehr laut am Set (hier beschwert sich dann gerne mal schnell der Tonmann/Tonfrau). Daher haben die Kameras einen Record-Mode für den Lüfter. Der Lüfter schaltet dann ab, wenn man auf den Aufnahme-Button drückt. In den Pausen fährt der Lüfter dann wieder hoch. Eine Cinema Camera überhitzt in der Regel auch nicht und ist immer einsatzfähig. Das galt übrigens nicht immer, die RED One musste noch viel mit Überhitzungsproblemen kämpfen. 

Das Bild bleibt bei Cinema Cameras in der Regel auch bei unterschiedlichen Bildern pro Sekunde gleich. Viele DSLMs reduzieren ja bei Slowmotion die Bitrate und die Qualität leidet darunter sehr.

Höherer Stromverbrauch

Der Stromverbrauch einer Cinema Camera ist auch höher als bei einer kleinen DSLM. Zum einen ersteht natürlich mehr Hitze und Stromverbrauch bei einer höheren Auflösung und einer höheren Bitrate. Die Hitze muss wie bereits geschrieben durch den Lüfter abtransportiert werden. Dadurch verringert sich die Akkulaufzeit bei vielen Cinema Cameras. 

Darüber hinaus versorgt man oft noch weiteres Zubehör (Fokusmotor, Monitor, etc.) über einen gemeinsamen V-Mount an der Kamera. 

180Grad Shutter

Bei Cinema Cameras kann man die Belichtungszeit über den Bruch (z. B. 1/50) und den Winkel (z. B. 180°) festlegen. Dieses Feature haben mittlerweile sehr viel Cinema Camcorder und DSLMs (die für das Filmen optimiert sind). Die Vor- und Nachteile der Winkelanzeige gibt es hier: 180Grad Shutter Regel. 

Professionelle Video- und Audioanschlüsse

Die meisten Kinokameras verwenden professionelle Video und Anschlüsse, wie SDI und XLR. Zusätzlich zu SDI haben dann noch viele Kameras einen HDMI-Ausgang. Viele verzichten aber komplett auf diesen Anschluss, weil er einfach nicht ganz so robust wie SDI ist. 

Die Blackmagic Pocket 4K ist hier natürlich eine Ausnahme, weil sie nur einen HDMI-Ausgang hat. 

Je nach Hersteller und Modell kommt es auch darauf an, ob die Kamera XLR-Anschlüsse hat. Bei größeren Kameras (URSA Mini, Canon C-Serie) gibt es oft XLR-Anschlüsse am Body. Kleinere Kameras (Alexa Mini, Red Komodo) haben keine XLR-Anschlüsse am Body. Hier kann man aber oft mit Zusatzmodulen arbeiten. Bei Cinema Cameras steht einfach die Modularität im Vordergrund. 

Zusammenfassung

Mit Cinema Cameras arbeitet man etwas anders auf dem Set und man muss sich auf diesen Workflow einlassen. Ich würde generell nicht jedem Filmemacher eine Cinema Camera empfehlen. Nur weil man sich jetzt ein Pocket4K oder Pocket6K zugelegt hat, macht man noch keine besseren oder schöneren Filme. Das gilt natürlich auch für andere Kamera-Hersteller.

Die Kosten von einer Cinema Camera darf man übrigens auch nicht aus den Augen verlieren. Gerade bei den modaleren Systemen braucht man noch sehr viel Zubehör, das die Kosten schnell in die Höhe treibt. Das Zubehör kann man aber dann auch sehr oft mit anderen Cinema Cameras verwenden und ist hier nicht auf einen Kamerabody beschränkt.

*es handelt sich um Fotokoch-, Amazon-, EBay-, SmallRig oder Thomann-Affiliate Links.
Das bedeutet, ich bekomme eine Miniprovision, wenn jemand etwas kauft,
das Produkt wird dadurch nicht teurer.

Josef Sälzle DIE LICHTFÄNGER

Hi, ich bin Josef, Kameramann und Filmemacher.
Ich schreibe in meinem DIE LICHTFÄNGER Blog über die Theorie des Filmemachens,
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Ich möchte betonen, dass meine Artikel kostenlos sind und ich auf meinem Blog ausschließlich
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Mit meiner Filmproduktion DIE LICHTFÄNGER mache ich Filme
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